DATA%20CONSULTING%20LOGO
AdobeStock_218913222.jpeg

Warum Digitalisierung eine Datenstrategie benötigt

Dr. Heiner van den Berg
April 18, 2023

Nachdem sich in den letzten Jahren ein breiterer Konsens entwickelt hat, was Digitalisierung und Digitale Transformation für Unternehmen und Organisationen bedeutet, herrscht immer noch eine gewisse Unklarheit, wozu man dann noch eine Datenstrategie braucht, insbesondere dann auch noch, wenn neue, populär gewordene Akronyme, wie die des CDO (=Chief Data Officer oder Chief DigitalOfficer) synonym genutzt werden.

Ich glaube, jedem ist klar, dass Digitalisierung Daten benötigt, aber hier liegt die Krux: Digitalisierung betreiben wir seit der Erfindung der EDV und dass das was mit Daten zu tun hat ergibt sich schon aus dem deutschen Akronym.

Warum wird das Thema Datenstrategie gerade jetzt so virulent, obwohl wir uns nun seit 50 Jahren mit Datenverarbeitung beschäftigen? Was bewegt die Regierungen führender westlicher Nationen, sich gerade jetzt mit Datenstrategien zu beschäftigen, wie es die aktuellen Beispiele der US-Regierung und der EU, aber auch der Bundesregierung und vieler großer Unternehmen zeigen?

Der LinkedIn-Report „Emerging Jobs in Deutschland 2020“ listet insgesamt vier der fünfzehn Top-Jobs mit dem Wort „Data“ für 2020 auf. Hinzu kommen vier weitere Jobs mit starkem Bezug zum Datenmanagement.

Auf mögliche Gründe dafür, warum das Thema gerade so aktuell ist, werde ich später noch eingehen, zuerst aber ein paar Worte zur Digitalstrategie vs. Datenstrategie. Typischerweise geht es zu allererst bei der Digitalisierung oder Digitalen Transformation darum, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die der Kunde gerne konsumiert (oder deren Konsum digital mehr Freude bereitet oder der Bezug vereinfacht wird), innovativ zu sein, die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten (insbesondere gegenüber Wettbewerbern aus anderen Feldern), Zusammenarbeit mit externen Organisationen zu fördern und den notwendigen Wandel im Unternehmen anzustoßen, damit die Organisation die Digitalisierung auch wirklich begreifen und umsetzen kann (Agilität, etc.).

Für alle diese Punkte (auch für den letzten) sind Daten die Grundlage: Für die Optimierung und Automatisierung der Prozesse; Kundendaten für maßgeschneiderte Angebote und Dienstleistungen oder Maschinendaten für AI-basierte Services wie Predicitve Maintenance; für datenbasierte Entscheidungen, zum Beispiel im Rahmen, ob ein Prototyp aus einem Innovationsprojekt wirklich umgesetzt werden soll, oder welche Produkte / Dienstleistungen ggf. obsolet werden oder schon sind.

Die Digitalisierungsstrategie beschreibt nun, wie das Unternehmen seinen gewünschten oder angestrebten Idealzustand (Vision / MIssion) in den oben skizzierten Handlungsfeldern erreicht (und ggf. vieles mehr).

Setzen wir die Digitalisierungsstrategie kurzerhand mit der Unternehmensstrategie gleich, um ihren fundamentalem Anspruch gerecht zu werden , zumindest auf dem Wege der Transformation, dann muss es entsprechend daraus abgeleitete Teilstrategien in jeder Organisation geben, wie eine Produkt- und Marketingstrategie, oder eine HR-Strategie, um die entsprechenden „Assetts“ (Kunden, Mitarbeiter, Intelligent Property usw.) zu beschaffen, zu bevorraten und optimal zu nutzen, die für die Umsetzung der Strategie relevant sind.

Genauso benötigt es eine Datenstrategie, um den Wertgegenstand Daten perfekt zu managen (Beschaffung von Daten, Teilen von Daten, sichern von Daten, QM von Daten usw.), wie es mein Kollege Marc in seinem Blogbeitrag zum Eckpunktepapier zur Datenstrategie der Bundesregierung recht detailliert beschrieben hat.

Die Frage, warum jetzt das Thema so akut wird lässt sich schwer beantworten, wir haben aber einige Vermutung dazu:

Fachabteilungen übernehmen immer mehr Aufgaben, die vorher von IT Abteilungen durchgeführt worden sind. Selbstservice bei Erstellen von Reports und Dashboard ist in allen Unternehmensgrössen anzutreffen und Selbstservice benötigt ein Verständnis der zu Grunde liegenden Daten

Applikationen wechseln – Daten bleiben. Wurde früher die IT Landschaft von übernommenen Firmen selten migriert wird nun seit einigen Jahren ein übergreifender Datenpool gefordert. Auch die IT Modernisierung, z.B. SAP S/4 Migration, hat vielen Unternehmen gezeigt, wie fehlerhaft und redundant die Daten sind auf denen Entscheidunden vorbereitet werden.

Daten waren in der Vergangenheit fast ausschließlich ein Thema der IT- sorry, EDV-Abteilungen. Die EDV – und das sehen wir in vielen Projekten – hat, ohne dass man es ihr vorwerfen darf, einen oft recht technischen Blick auf die Daten (die IT setzt meist auf der Ebene des logischen und physischen Datenmodells ein), was meistens fehlt, ist die Geschäftsperspektive (SAP-Systeme sind ein typisches Beispiel: die SAP Tabelle wird identisch mit dem Geschäftsobjekt gesetzt, ohne weiteres Hinterfragen oder die genaue Businesssemantik zu definieren, die nämlich nicht immer so klar ist und oft von der Perspektive abhängig ist, z.B., wann ist ein Kunde ein Kunde?

Diese Lücke oder auch Unvermögen wird aktuell in immer mehr (größeren und kleineren) Organisationen transparent, in dem Moment wo das Business verstärkt mit den Daten arbeiten soll – die aber keinen technischen Blick sondern einen Business Blick auf die Daten haben.

Schön, wenn alle Daten im Data Warehouse sind, oder in einem Data Lake, aber wo stammen sie her, wie aktuell und genau sind sie, was bedeuten die Daten und wer darf darauf zugreifen? Wie kann ich sinnvoll AI einsetzen, wenn ich nicht exakt weiß, was die Daten bedeuten?

Diese mangelnde Transparenz und Klarheit ist der Grund für den erheblichen Boom der Data Catalog -Lösungen (Metadaten-Management) und verstärkte Aktivitäten zum Thema Datenstrategie, Data Governance und Datenqualitätsmanagement in den Unternehmen.

Natürlich tragen auch Themen wie Datensicherheit und –vertraulichkeit zum Trend bei, da sie auch das Thema „Metadaten“ adressieren, als auch die verstärkte Nutzung von Cloud-Lösungen, die ja für Kunden schlimmstenfalls eine Blackbox bzgl. der Daten darstellen.

Ein weiterer Treiber ist die gemeinsame Nutzung von Daten (wie z.B. Referenzdaten) über Unternehmensgrenzen hinweg, z.B. bei der Beschaffung, der Verwaltung von Lieferantendaten, usw. Unternehmen können hier viel aus der aktuellen Forschung lernen, wo OpenData und der Austausch von Daten zwischen Wissenschaftlergemeinschaften, zum Beispiel in der Klimaforschung, existenziell ist und nur über ein gemeinsam definiertes Metadaten-Management geregelt werden kann. Leider fehlt es hier noch an weithin akzeptierten Standards (ISO 8000).

Fazit: Gemäß unseres Mottos, „Daten müssen genauso sicher und einfach zu konsumieren sein, wie Trinkwasser!“ ist eine Datenstrategie ein wesentlicher Bestandteil, diesen Zustand zu erreichen.